Die Vier-Tage-Woche wird derzeit stark diskutiert. Unternehmen stellen teilweise oder ganz auf eine Vier-Tage-Woche um. Dem Thema stehen Experten, Unternehmer und Betroffene aber auch kritisch gegenüber. Was sind die Vor- und Nachteile einer Vier-Tage-Woche und führt diese die Volkswirtschaften zu einem Wohlstandsverlust?
Corona hat die Arbeitswelt verändert
Die Pandemie hat dazu geführt, dass zahlreiche Unternehmen in unterschiedlichen Branchen auf Homeoffice umstellen mussten. Was damals einfach dem Umstand geschuldet wurde, dass niemand ins Büro fahren durfte oder konnte, ist heute zum Standard geworden. Die veränderten Arbeitsmodelle liegen voll im Trend. Besonders junge Menschen haben den Wunsch nach einer guten Work-Life-Balance. Zeit für ihr Leben, ihre Hobbys und zum Reisen stehen für die Generation Z an erster Stelle. Im beruflichen Leben wünschen sie sich Freiräume etwa durch Homeoffice oder flexible Regelungen im Bereich der Arbeitszeitgestaltung.
Vier-Tage-Woche bei vollem Lohnausgleich
Bei der Vier-Tage-Woche gibt es zwei Ansätze. Bei der ersten Möglichkeit wird die Regelarbeitszeit, meist 38,5 bis 40 Stunden in der Woche, auf 4 Tage aufgeteilt. Beim zweiten Ansatz wird die Arbeitszeit tatsächlich auf 30 bis 32 Stunden in der Woche reduziert. Den Wunsch, im Rahmen einer Vier-Tage-Woche die notwendigen 38,5 oder 40 Stunden abzuarbeiten, haben viele. Wie in der folgenden Statistik ersichtlich, begrüßen 63 % der Befragten eine Vier-Tage-Woche mit vollem Lohnausgleich. Weitere 14 % stimmen der Vier-Tage-Woche auch ohne vollen Lohnausgleich zu.
Vier-Tage-Woche auch trotz finanzieller Einbußen?
Der neue Trend geht auch in die Richtung, dass Erwerbstätige bereit sind, Lohneinbußen hinzunehmen, wenn sie dafür nur 4 Tage in der Woche arbeiten müssen. 24 % der Beschäftigten in der Industrie akzeptierten dies, gefolgt von 17 % der Beschäftigten in IT und Kommunikation, sowie Lehrer und Ausbilder.
Auswirkungen einer Vier-Tage-Woche
Wenn Menschen 38,5 oder 40 Stunden in 4 Tagen arbeiten, können arbeitsökonomische und arbeitspsychologische Probleme entstehen. Die Gewichtung 3 Tage Freizeit und 4 Tage mit einer zehnstündigen Arbeitsbelastung, erscheinen Experten in keinem Gleichgewicht zu stehen. 10 Stunden am Tag zu arbeiten, sollte nur in Ausnahmesituationen notwendig sein, erscheint aber als Regelsystem langfristig ungesund.
Veränderungen in Familie und Studium
Familien wünschen sich auch flexiblere Arbeitszeitmodelle, damit die Kindererziehung aufgeteilt werden kann. Frauen möchten arbeiten, Männer möchten auch die Möglichkeit haben, ihre Kinder zuhause zu betreuen. Daher sind neue Regelungen notwendig, die die Vereinbarkeit von Familie und Beruf besser erlauben. Auch Studenten schätzen eine Arbeitszeitverkürzung oder die Möglichkeit einer Vier-Tage-Woche, da sie oftmals ein Masterstudium berufsbegleitend ablegen. Dabei arbeiten sie unter der Woche und studieren am Freitag und am Samstag. Nach dem Abschluss eines Masterstudiums bleibt oftmals der Wunsch nach verkürzten Arbeitszeiten bestehen.
Arbeitskräftemangel verschärft sich
Wenn ein großer Teil der bereits Beschäftigten weniger arbeitet, also von 38,5 auf 30 Stunden reduziert, würden noch mehr Arbeitskräfte fehlen, was zu einer weiteren Überforderung der bestehenden Mitarbeiter führt. Kündigungen aufgrund von Überforderung werden prognostiziert, Menschen brennen aus und fallen ins Burn-out, was wiederum das Gesundheitssystem belastet.
Arbeitszeitverkürzung mit Produktivitätsfortschritt
Für eine Volkswirtschaft besteht das wirtschaftliche Ziel in einer Steigerung der Produktivität. Diese kann durch eine Effizienzsteigerung erreicht werden. Daher sollte eine Arbeitszeitverkürzung nur dann vorgenommen werden, wenn ein Produktivitätsfortschritt im Unternehmen verzeichnet werden kann, der sich wiederum positiv auf die Volkswirtschaft niederschlägt. In Bereichen wie der Gastronomie oder der Pflege kann laut Experten mit einer Vier-Tage-Woche kein Produktivitätsfortschritt erreicht werden.
Aktuelle Wirtschaftslage berücksichtigen
Derzeit erlebt die DACH-Region eine angespannte wirtschaftliche Situation. In der Schweiz geht die Inflation zwar zurück und die Teuerungen pendeln sich ein, Deutschland und Österreich kämpfen aber weiterhin mit der hohen Inflation sowie den immensen Teuerungen. Unternehmen stehen seit Jahren unter Druck. Dieser würde sich durch die generelle Einführung der Vier-Tage-Woche weiter erhöhen. Berücksichtigt werden muss auch, dass die DACH-Region grundsätzlich zu Hochpreis- und Hochkostenländern zählt.
Fazit: Vier-Tage-Woche ja, wenn das Unternehmen die Effektivität ohne Probleme um 20 % steigern kann und damit denselben Output generiert. In manchen Branchen ist das sicher machbar. Grundsätzlich führt die Vier-Tage-Woche zu einem Produktivitäts- oder Wohlstandsverlust. Menschen, die sowieso am Existenzminimum sind, würden durch Lohnkürzungen in prekäre finanzielle Situationen geraten.
Was für den Einzelnen gut ist, muss nicht für das Ganze gut sein. Die Lösung liegt darin, Life und Work zu verbinden. Arbeit attraktiv und flexibel zu machen ist das Ziel.