Eine stärkere Marktmacht, höhere Verbraucherpreise und eine verbesserte Marktstellung. All das kann durch eine Kartellbildung erreicht werden. Wie genau das möglich ist, welche Branchen besonders betroffen sind und welche Auswirkungen Kartelle auf die Konsumenten haben? Fakten.org hat die Antworten darauf.
Was sind Kartelle überhaupt?
Unter Kartellen versteht man Vereinigungen von Unternehmen oder Organisationen, die sich zusammenschließen, um so ihre Marktmacht zu verstärken. Die Gewinne sollen dadurch unmittelbar gesteigert werden, die Preise am Markt künstlich erhöht oder gegebenenfalls stabilisiert werden. Im Bereich der Produktion wird auch oft eine Drosselung dieser anvisiert, was wiederum niedrige Produktionskosten und einen höheren Endpreis impliziert. Klassisch ist auch eine Aufteilung der Marktstellung unter den am Kartell beteiligten Unternehmen. Je größer und internationaler das Kartell dabei ist, desto umfassender sind auch der Einfluss und die Auswirkungen auf den Markt und alle Teilnehmer daran.
Das sind die Folgen von Kartellen
Die Folge von Kartellen können gravierend sein. Der Wettbewerb am Markt wird eingeschränkt bzw. bewusst beeinflusst. Für andere Unternehmen und Konsumenten entstehen Einschränkungen und meist eine Reihe von Nachteilen. Aus diesen Gründen werden Kartelle deshalb in der Regel von Regierungen, Marktaufsichten und Wettbewerbsbehörden als illegal eingestuft. Viele Staaten haben bereits vor vielen Jahren dahingehende Gesetze und Vorschriften erlassen, die Kartellbildungen verhindern, gegensteuern und bekämpfen sollen.
Diese Arten von Kartellen sind besonders häufig
Kartelle können in sämtlichen Branchen und Sektoren auftreten. Beliebte Bereiche sind vor allem die Öl- und Gasindustrie, die Pharmaindustrie, die Telekommunikationsbranche sowie der Automobilsektor. Es gibt eine Vielzahl bekannter Kartelle in verschiedenen Branchen und Regionen der Welt.
Hier ein kleiner Auszug: De Beers: Ein Kartell, das den internationalen Diamantenmarkt kontrolliert und einen enormen Einfluss auf die Preise und den Handel mit Diamanten ausübt. Sinaloa-Kartell: Ein mexikanisches Drogenkartell, das für den Großteil des illegalen Drogenhandels in Nordamerika verantwortlich ist. Phoebus-Kartell: Ein Kartell, das in den 1920er Jahren gegründet wurde, um die Lebensdauer von Glühbirnen künstlich zu verkürzen und so den Verkauf von Glühbirnen anzukurbeln. Microsoft: Ein Kartell, das in den 1990er Jahren vom US-Justizministerium angeklagt wurde, den Browser-Markt zu monopolisieren und den Wettbewerb gezielt zu beeinflussen Bayer und Monsanto: Ein Zusammenschluss von zwei der größten Agrarunternehmen der Welt, der den Markt für Saatgut und Pestizide dominiert.
Sind Kartelle wirklich immer illegal?
Theoretisch ja. Praktisch sieht die Situation aber etwas verschwommener aus. So ist die Kartellbildung unter besonderen Umständen sogar erlaubt. Unter anderem dann, wenn es im Bereich der Bankenwirtschaft zu schwierigen Krisen und starken Umsatzeinbrüchen kommt, könnten sich betroffene Unternehmen temporär zusammenschließen, um dadurch beträchtliche wirtschaftliche Folgen für weitere Unternehmen und den Markt zu verhindern.
OPEC: Ein Sonderfall?
So etwas wie ein Sonderfall ist auch die OPEC (Organisation erdölexportierender Länder), der aktuell 13 Staaten angehören. Wirtschaftsexperten und Ökonomen erachten in der Organisation eines der mächtigsten Kartelle der gesamten Wirtschaftsgeschichte. So ist es die OPEC, die über etwaige Rohöl-Fördermengen der Mitgliedstaaten und damit automatisch auch über den Preis entscheidet.
Die höchsten Einzelstrafen in EU-Kartellverfahren
Die auf Statista veröffentlichte Statistik zeigt die höchsten von der Europäischen Union verhängten Kartellstrafen im Zeitraum von 2012 bis 2018. Im Jahr 2018 wurde seitens der Europäischen Union aufgrund der Ausnutzung der Marktdominanz beim Android-Betriebssystem beispielsweise eine Kartellstrafe in Höhe von 4,34 Milliarden Euro gegen Google verhängt.
Haben Kartellbildungen in der Pandemie zugenommen?
Ja. Die Corona-Krise hat viele Industrieunternehmen, Händler und Dienstleister dazu veranlasst, ihre Preise nach oben zu kurbeln. Auch illegale Absprachen mit konkurrierenden Unternehmen hinsichtlich Produktion, Vertrieb und Verkauf wurden vermehrt festgestellt. Eine aktuelle Analyse von Freshfields Bruckhaus Deringer zeigt eine höhere Quote an Durchsuchungen durch europäische Kartellbehörden. So habe es laut dieser Analyse in den ersten Monaten des Vorjahres über 40 solcher Razzien seitens der EU-Behörden gegeben. Experten und Wettbewerbshüter gehen zudem davon aus, dass sich der Trend hin zu Kartellbildungen auch 2023 weiter fortsetzen wird.