Deutsche Familienunternehmen haben in ihrer Firmengeschichte zahlreiche Höhen und Tiefen erlebt. In diesen Krisensituationen verzichten sie auf Gewinn, um Entlassungen zu vermeiden. Doch in der aktuellen wirtschaftlichen Situation sind auch die Stellen in Familienunternehmen von Kündigungswellen betroffen. Die Situation in Deutschland spitzt sich immer mehr zu. Experten gehen davon aus, dass Deutschland an Attraktivität als Wirtschaftsstandort verloren hat.
Herausforderungen für deutsche Familienunternehmen
Generell stehen Familienunternehmen vor einer Vielzahl von wirtschaftlichen Herausforderungen. Dazu gehören zahlreiche externe und interne Faktoren. Zu den wichtigsten externen Faktoren zählen:
Wirtschaftliche Unsicherheiten
Schwankende Konjunkturzyklen
Zunehmender globaler Wettbewerb
Zu den internen Faktoren zählen im Wesentlichen die folgenden Punkte:
Sicherung der Nachfolge
Finanzierung von Wachstum und Innovation
Anpassung an sich verändernde Marktbedingungen
Familienunternehmen sind oft weniger liquide als große Konzerne und haben möglicherweise begrenzten Zugang zu Finanzierungsmöglichkeiten. Zudem müssen sie langfristige Strategien entwickeln, die sowohl den wirtschaftlichen Erfolg als auch die langfristige Stabilität des Unternehmens und die Interessen der Familie berücksichtigen.
Die Balance zwischen Tradition und Innovation sowie Flexibilität und Stabilität stellt eine fortlaufende Herausforderung dar. Familienunternehmen müssen sich diesen Herausforderungen stellen, damit es gelingen kann, langfristig erfolgreich zu bleiben.
Deutsche Familienunternehmen überlegen Abwanderung
In Deutschland erwägen bereits einige etablierte Familienunternehmen, ins Ausland abzuwandern bzw. Teile ihrer Produktion oder Forschung zu verlegen. Auch Stellenkürzungen sind immer wieder Thema. Die folgenden Firmen sind unter anderem davon betroffen.
Miele
Der Haushaltsgerätehersteller Miele hat die Öffentlichkeit mit dem geplanten Abbau von 2.000 Stellen sowie der Verlagerung von 700 Stellen ins Ausland aufgeschreckt.
Stihl
Der Motorsägenhersteller Stihl erwägt, ein neues Werk in der Schweiz, statt in Ludwigsburg zu bauen. Gleichzeitig wird am Stammsitz in Waiblingen Kurzarbeit eingeführt.
Würth
Würth investiert bislang antizyklisch, doch aufgrund der unsicheren Marktsituation werden Investitionen vorerst zurückgehalten. Die Entscheidung über Stellenabbau hängt vom weiteren Verlauf der Krise ab.
Trumpf
Der Laserspezialist Trumpf hat bereits seit 2022 ein Modell zur Abfederung von Beschäftigungsschwankungen. Das Unternehmen setzt auf flexible Arbeitszeitmodelle, um Krisen besser zu bewältigen.
Die Herausforderungen im Mittelstand
Familienunternehmen sind tief in ihrer Region verwurzelt und scheuen größere Stellenabbaupläne am Stammsitz. Dennoch stehen sie vor der Herausforderung des Fachkräftemangels und der schwachen Konjunktur. Eine Umfrage zeigt auch, dass Familienunternehmen durchaus ambivalent auf die momentane wirtschaftliche Lage sowie die Herausforderungen reagieren. Während einige Stellen abbauen, planen andere Unternehmen weiterhin den Aufbau von Arbeitsplätzen.
Auch DAX-Unternehmen streichen Stellen
Der Stellenabbau betrifft auch zahlreiche DAX-Unternehmen. So plant SAP, weltweit 8.000 Stellen zu streichen. Bei Continental sollten 7.000 Arbeitsplätze wegfallen. Bosch, BASF, Bayer, VW, Deutsche Bank, Merck, Deutsche Telekom, ZF, um nur einige zu nennen, planen ebenfalls Personalkürzungen. Die Hintergründe dafür sind wie bei Familienunternehmen vielfältig. Im Vordergrund stehen der technologische Wandel, die hohen Kosten und auch veraltete Strukturen.
Wachsende Skepsis gegenüber dem Standort Deutschland
Laut Tom Rüsen, Direktor des Wittener Instituts für Familienunternehmen (Wifu), ergab eine Studie, die nach der Finanz- und Wirtschaftskrise 2008/2009 durchgeführt wurde, dass viele Familienunternehmen damals nicht primär Stellen abbauten. Stattdessen investierten sie eher antizyklisch in ihre Unternehmen.
Doch aktuelle Gespräche mit Familienunternehmern zeigten ein drastisch verändertes Bild: „Der Vertrauensverlust in den Standort Deutschland ist offensichtlich“, so Rüsen, der auch das Vertrauen in die politischen Institutionen als erschüttert beschreibt. Die Unternehmer fühlen sich nicht mehr wertgeschätzt von staatlichen Organen und vermissen das Gefühl, gemeinsam mit Deutschland zu wachsen.
Rüsen erklärt weiter: „Dogmatismus hat in den letzten 50 Jahren den Pragmatismus überwogen.“ Unternehmen verzeichnen teilweise noch immer Wachstum, doch es ist erkennbar, dass dieses sehr oft im Ausland erzielt wird. Beispielsweise beschäftigen viele Familienunternehmen wie Stihl mittlerweile mehr Mitarbeiter im Ausland als im Inland.
Deutsche Familienunternehmen haben schwierige Rahmenbedingungen
Experten warnen jedoch davor, dass bei einer langanhaltenden Stagnation letztendlich selbst die normalerweise langfristig ausgerichteten Familienunternehmen nichts anderes tun könnten, als zu resignieren. Sie müssten sich den schwierigen Rahmenbedingungen in Deutschland beugen. Dazu gehören Personalabbau, Produktionsverlagerungen und eine Fokussierung auf ausländische Märkte zur Sicherung der Unternehmenssubstanz.
Fazit: Die aktuellen Herausforderungen und Unsicherheiten in der Wirtschaft bedrohen auch die sonst so robusten deutschen Familienunternehmen. Der Weg in die Zukunft bleibt unsicher.