Lobbyismus bezieht sich auf die Praxis, bei der Gruppen oder Individuen versuchen, politische Entscheidungsträger zu beeinflussen, um bestimmte Interessen oder Ziele zu fördern. Dies kann durch direkte Gespräche, informelle Kontakte, Kampagnenfinanzierung oder andere Mittel geschehen. Oftmals wird der Begriff negativ konnotiert, da er auf unangemessenen oder undurchsichtigen Einfluss auf politische Prozesse hinweisen kann.
Lobbyismus hat unterschiedliche Formen
Man unterscheidet verschiedene Formen von Lobbyismus, darunter:
Direkter Lobbyismus: Lobbyisten treten direkt mit politischen Entscheidungsträgern in Kontakt, um ihre Anliegen zu vertreten.
Indirekter Lobbyismus: Hierbei versuchen Lobbyisten, die öffentliche Meinung zu beeinflussen, um Druck auf politische Entscheidungsträger auszuüben.
Branchenverbände: Organisationen, die die Interessen einer bestimmten Branche oder Industrie vertreten, setzen sich für ihre Mitglieder ein.
Einzelunternehmen: Unternehmen können Lobbyisten einsetzen, um ihre spezifischen wirtschaftlichen Interessen zu fördern.
Nichtregierungsorganisationen (NGOs): Auch gemeinnützige Organisationen können Lobbyarbeit betreiben, um soziale, ökologische oder andere Anliegen voranzutreiben.
Think Tanks: Diese Forschungsgruppen entwickeln politische Ideen und Vorschläge, die dann von Lobbyisten genutzt werden können.
Rechtsanwälte und Berater: Fachleute bieten ihre Dienste an, um Lobbyaktivitäten zu unterstützen und rechtliche Fragen zu klären.
Medienlobbyismus: Medienunternehmen können versuchen, politische Entscheidungsträger durch Berichterstattung und Meinungsartikel zu beeinflussen.
Bekannte Unternehmen, die Lobbyismus betreiben
Die Bayer AG investierte in Brüssel nach den Daten für das letzte verfügbare Jahr (2022) mindestens sechs Millionen Euro in Lobbyarbeit. Damit ist der Chemie- und Pharmakonzern mit Sitz in Leverkusen das Unternehmen, das den größten finanziellen Aufwand für Lobbytätigkeiten auf EU-Ebene betreibt.
Den zweiten Platz teilen sich Bosch, BASF und Volkswagen. Alle drei Konzerne investieren jeweils mindestens drei Millionen Euro. Die Zahlen zu den Lobbyausgaben von Volkswagen sind für das Jahr 2021.
Wo sind die meisten Lobbyorganisationen angesiedelt?
Von den mehr als 12.000 Lobbyorganisationen, die im Lobbyregister der EU registriert sind, haben die meisten (2.217) ihren Hauptsitz in Belgien. 1.732 der Organisationen haben ihren Hauptsitz in Deutschland, 1.149 Organisationen in Frankreich.
Als Nicht-EU-Länder schafften es das Vereinigte Königreich mit 777 und die USA mit 532 Lobbyorganisationen unter die zehn Länder mit den meisten in Brüssel registrierten Organisationen.
Von November 2014 bis Juni 2023 kam es zu mehr als 332 Treffen zwischen Lobbyisten der Firma Google und hochrangigen Mitgliedern der Europäischen Kommission (Kommissare, Kabinettsmitglieder oder Generaldirektoren). Damit ist der Technologiekonzern aus den USA das Unternehmen, dessen Interessensvertreter seit 2014 am häufigsten Zugang zur EU-Kommission hatten. An zweiter Stelle folgt Airbus mit 268 Treffen, an dritter Stelle Meta Platforms mit knapp 200 Treffen.
Lobbyregister für mehr Transparenz
Seit 2008 gibt es innerhalb der EU ein eigenes Lobbyregister, das EU-Transparenzregister. Die Registrierung ist für alle Interessenvertreter, sprich, Lobbyisten, gegenüber dem EU-Parlament, der Europäischen Kommission und dem Rat der EU freiwillig.
Gewisse Berechtigungen, zum Beispiel das Recht, Kommissionsmitglieder zu treffen, unterliegen einer Eintragungspflicht in das Register. Alle im Register eingetragenen Akteure verpflichten sich darüber hinaus zur Einhaltung eines Verhaltenskodex.
Im EU-Transparenzregister sind aktuelle Informationen einsehbar. Ältere Einträge, sowie die Möglichkeit, Akteure nach der Zahl ihrer Treffen oder der Größe ihres Budgets zu sortieren, sind auf lobbyfacts.eu einsehbar.
Lobbyismus als elementarer Bestandteil der Demokratie
Lobbys versuchen Einfluss auf Politik und Gesellschaft zu nehmen. Das ist legitim und ein elementarer Bestandteil demokratischer Interessenvermittlung. In der Öffentlichkeit hat Lobbyarbeit aber einen schlechten Ruf. Viele Menschen befürchten zum Beispiel, dass Lobbyismus zu Korruption führt.
Zudem wird kritisiert, dass einige Großunternehmen und Wirtschaftsverbände über sehr hohe Ressourcen und damit zu viel Einfluss verfügen. Das schlechte Image des Lobbyismus wurde in den vergangenen Jahren durch eine Reihe relativ spektakulärer Skandale (Wirecard, „Qatargate“) weiter verfestigt.
Ist Lobbyismus gut oder schlecht?
Die Frage nach der Bewertung von Lobbyismus kann unterschiedliche Meinungen hervorrufen. Einige sehen Lobbyismus als eine Möglichkeit, Interessengruppen in politische Entscheidungsprozesse einzubeziehen, während andere Bedenken hinsichtlich möglicher Einflussnahme und undurchsichtiger Praktiken haben. Die Debatte darüber dreht sich oft um die Transparenz, Regulierung und Fairness von Lobbying-Aktivitäten.