Die Frauenquote soll die Position von weiblichen Führungskräften fördern. Teilweise bereits eingeführt, sorgt sie oft für erregte Gemüter und hitzige Diskussionen. Fakten.org hat wichtige Fakten sowie Pros und Contras dazu recherchiert.
Warum ist die Frauenquote immer wieder ein Thema?
Frauen in führenden Positionen sind in vielen Ländern Europas immer noch eine Ausnahme. Und zwar meist unfreiwillig, zumindest wenn es nach den Befürwortern der sogenannten „Frauenquote“ geht.
Ihrer Meinung nach sei die Überrepräsentation von Männern nicht auf eine schlechtere Ausbildung oder zu wenig Interesse seitens der Frauen zurückzuführen. Vielmehr liege der Grund für die Ungleichbehandlung bei Beförderungen in der Annahme traditioneller Rollenverteilungen. Auch ein mangelnder Wille, veraltete Strukturen oder die Ausübung männlicher Dominanz würden die Chancen der Frauen minimieren.
Und genau hier kommt die Frauenquote ins Spiel. Sie steht für Gleichberechtigung zwischen den Geschlechtern und soll diese quasi sanft erzwingen.
Was ist die Frauenquote?
Die Frauenquote, auch vermehrt Geschlechterquote oder Genderquote genannt, ist eine Vorgabe, die den Anteil an Frauen und Männern innerhalb eines Unternehmens oder in Gremien wie Vorständen oder Aufsichtsräten prozentuell regelt.
Was ist der Zweck der Frauenquote?
Das angestrebte Ziel der Frauenquote ist die Gleichstellung von Frauen und Männern innerhalb der Gesellschaft, Politik, Wirtschaft und Kultur.
Darüber hinaus sollen auch stereotypische Rollenbilder (Mutterdasein, Familienfunktion, Haushalt,…) und Diskriminierungen gegenüber Frauen langfristig abgebaut werden.
Wie viele Frauen waren 2021 in Führungspositionen?
Laut dem Statistischen Bundesamt waren im Jahr 2021 rund 46,1 % aller Erwerbstätigen der Europäischen Union Frauen. Jedoch war nur rund jede dritte Führungskraft (34,7 %) weiblich.
Eine weitere Statistik von Statista zeigt, dass Lettland 2021 mit rund 46 % Frauen in Führungspositionen EU-Spitzenreiter war. Im Durchschnitt der EU-27 war 2021 etwas mehr als jede dritte Führungskraft weiblich (35,1 %).
Deutschland positioniert sich mit einem Anteil von 29 % weiblicher Führungskräfte klar im unteren Drittel. Zypern ist das Schlusslicht der EU. Mit einem Anteil von 21,7 % ist weniger als jede vierte Führungsposition im Land mit einer Frau besetzt.
Inwiefern ist die Frauenquote bereits umgesetzt?
In Deutschland gilt seit 2016 für die Aufsichtsräte börsennotierter und paritätisch mitbestimmter Unternehmen eine verbindliche Geschlechterquote in Höhe von 30 %. Wenn die Geschlechterquote eines gebundenen Unternehmens unter 30 % in Kontrollgremien liegt, muss es frei werdende Posten so lange an Frauen vergeben, bis die 30 %-Marke erreicht ist. Ansonsten bleibt der Platz im Aufsichtsrat unbesetzt („leerer Stuhl“).
Eine zusätzliche Stärkung ihrer Position erfahren Frauen in Deutschland durch das Führungspositionengesetz (FüPoG). Dieses verpflichtet etwa 3.500 börsennotierte oder mitbestimmende Unternehmen, sich Zielgrößen zur Erhöhung des Frauenanteils in Aufsichtsräten, Vorständen und obersten Managementebenen zu setzen.
Im Januar 2021 wurde dieses Gesetz durch das FüPoG II ergänzt. Dieses schreibt vor, dass der Vorstand eines börsennotierten und zugleich paritätisch (qualifiziert) mitbestimmenden Unternehmens aus mehr als drei Mitgliedern bestehen muss. Darunter müssen mindestens ein Mann und eine Frau sein. Das Gesetz hat bereits erste Früchte getragen. So gab es 2022 erstmals mehr Frauen als Männer in DAX-Kontrollgremien.
Was tut sich auf europäischer Ebene?
Die EU versucht mit einer neuen EU-Richtlinie, eine ausgewogenere Vertretung von Frauen und Männern in den Leitungsorganen börsennotierter Gesellschaften in der gesamten EU zu fördern. Bis Mitte 2026 ist die Richtlinie in nationales Recht umzusetzen.
Dabei haben Mitgliedsländer die Wahl: Entweder sind mindestens 40 % der Aufsichtsratspositionen oder 33 % der Aufsichtsrats- und Vorstandspositionen mit Frauen zu besetzen.
Ausnahmeregelungen dürfte es für kleine und mittlere Unternehmen geben. EU-Mitgliedsstaaten können zudem vorsehen, dass Unternehmen, in denen das unterrepräsentierte Geschlecht weniger als 10 % der Belegschaft ausmacht, von der Quotenregelung ausgenommen sind. Davon betroffen sind vermehrt große Industrieunternehmen.
Was sind die Vorteile einer Frauenquote?
Befürworter nennen folgende Argumente immer wieder als wichtige Vorteile:
Förderung der Chancengleichheit
Mehr Vielfalt im Unternehmen
Abbau von Stereotypen
Signalwirkung für weitere Maßnahmen in Richtung Gleichberechtigung
Verbesserte Unternehmensleistung
Was sind die Nachteile?
Kritiker warnen vor möglichen negativen Auswirkungen einer Frauenquote und führen folgende Bedenken an:
Diskriminierung gegenüber männlichen Bewerbern
Einschränkung der Wahlfreiheit
Förderung von Stereotypen, da Frauen die Position „nur aufgrund ihres Geschlechts“ erhalten
Verstoß gegen das Leistungsprinzip, da die Auswahl geschlechterspezifisch erfolgt
Einschränkung der Wahlfreiheit, indem Frauen die Position „annehmen müssen“, auch wenn kein Interesse besteht
Wie ist die Meinung der Deutschen?
Eine in diesem Jahr veröffentlichte Studie zum Thema Frauenquote zeigt folgende Ergebnisse:
Insgesamt waren 51 % der Befragten der Meinung, es solle in privaten und öffentlichen Unternehmen eine Frauenquote geben.
Etwas weniger positiver ist die Stimmung, wenn es darum geht, im Fußball eine Frauenquote einzuführen.
Rund die Hälfte der befragten männlichen Fußballfans in Deutschland sprach sich zuletzt eher gegen die Einführung einer Frauenquote in Vorständen von Profi-Fußball-Clubs aus. Dies zeigt eine Studie von FanQ aus dem Jahr 2021. Die Mehrheit der befragten Frauen hingegen befürwortete eine solche Maßnahme (rund 74 % Zustimmung).
Die Meinungen hinsichtlich einer Quotenregelung gehen also auseinander. Das Thema wird noch längere Zeit Diskussionsstoff sein und entsprechende Maßnahmen dürften auch zukünftig noch gefordert und vielleicht ja auch umgesetzt werden.