Whistleblower decken auf, was eigentlich verborgen bleiben sollte. Die Folgen und Konsequenzen sind meist weitreichend.
Wenn über Missstände, kriminelle Vergehen, finanzielles Fehlverhalten oder Diskriminierung innerhalb eines Unternehmens plötzlich mehr Personen Bescheid wissen als den Involvierten lieb ist, dann ist dies wahrscheinlich einem sogenannten „Whistleblower“ zu verdanken.
Was ist ein Whistleblower?
Der Begriff „Whistleblower“ kommt aus dem Englischen und bedeutet sinngemäß übersetzt „Hinweisgeber“. Diese haben es sich meist zum Ziel gesetzt, illegale Vorgehensweisen in einem Unternehmen aufzudecken.
Manche Whistleblower handeln dabei aus rein intrinsischen Gründen und im Sinne der Gerechtigkeit. Andere wiederum wollen mit ihren Hinweisen negative Konsequenzen für das jeweilige Unternehmen frühzeitig abwehren. Und manche zielen womöglich sogar darauf ab, dem Unternehmen bewusst zu schaden.
Whistleblower können für das Unternehmen daher also sowohl ein Fluch als auch ein Segen sein.
Internes vs. externes Whistleblowing
Grundsätzlich unterscheidet man zwischen dem internen und dem externen Whistleblowing.
Internes Whistleblowing liegt dann vor, wenn der Hinweisgeber seine gesammelten Informationen innerhalb des Unternehmens weiterleitet. Viele Firmen haben dazu eigene Whistleblowing-Kanäle eingerichtet. Über diese Kanäle können Mitarbeiter oder andere, dem Unternehmen nahestehende Personen, gezielt Hinweise platzieren. Meist in anonymer Form. Missstände können so frühzeitig aufgedeckt werden ohne an die Öffentlichkeit zu gelangen.
Externes Whistleblowing wiederum ist dann gegeben, wenn sich der Whistleblower mit seinen Informationen an die Öffentlichkeit wendet. Damit können beispielsweise die Presse, Soziale Netzwerke oder aber die Polizei und Justiz gemeint sein. Externes Whistleblowing hat für Unternehmen weit mehr negative Folgen als internes und ist häufig dann der Fall, wenn der Hinweisgeber dem Unternehmen schaden will oder davon überzeugt ist, dass ein internes Meldeverfahren nicht sinnbringend wäre.
Ist Whistleblowing so etwas wie eine Beschwerde?
Nein. Whistleblowing geht weit über eine Beschwerde oder eine Anregung hinaus. Whistleblowing ist eine konkrete ernstzunehmende Anschuldigung, die weitreichende Folgen nach sich ziehen kann.
Es geht daher nicht darum, sich darüber zu äußern, dass man sich benachteiligt fühlt. Whistleblowing deckt konkrete Aktivitäten, die gegen das Gesetz verstoßen, auf.
Der vielleicht berühmteste Whistleblower
Einer der wohl berühmtesten Whistleblower ist Edward Snowden. Der ehemalige amerikanische NSA-Mitarbeiter brachte 2013 die weltweiten Überwachungs- und Spionagepraktiken des US-Geheimdienstes National Security Agency NSA an die breite Öffentlichkeit. Mit verheerenden Auswirkungen.
Im Zuge der Spionageaffäre überwachten die USA und Großbritannien die weltweite Telekommunikation und das Internet. Die Staaten rechtfertigten das Vorgehen mit dem Argument, dass man terroristischen Anschlägen vorbeugen wolle.
Für seine Leaks (sinngemäß: Enthüllungen) wurde Snowden mehrfach von NGOs ausgezeichnet. Im Jahr 2014 wurde ihm der „Right Livelihood Award“ verliehen, eine Auszeichnung „für die Gestaltung einer besseren Welt“.
Doch bei all seiner Beliebtheit, musste Snowden auch viel Hass erfahren. Als Staatsfeind der USA und Großbritannien lebt er seit 2013 im Exil in Moskau. Ein Asyl in westlichen Staaten zu bekommen scheint aussichtslos. Im September 2022 erhielt er die russische Staatsbürgerschaft.
Dieselskandal als Folge von Whistleblowing
Ein weiterer weltbekannter Whistleblowing-Fall wurde 2015 publik. So kam ans Licht, dass mehrere Autohersteller ihre Fahrzeuge illegal manipuliert hatten, um die Messwerte bei Abgasprüfungen zu beschönigen. Das Aufdecken dieser Missstände kostete den betroffenen Unternehmen, darunter VW, Audi und Porsche, Milliarden von Euro.
EU reagiert mit Richtlinie
Am 23. Oktober 2019 beschlossen das Europäische Parlament und der Rat die Richtlinie „zum Schutz von Personen, die Verstöße gegen das Unionsrecht melden“. Ziel dieser Richtlinie sei laut eigenen Angaben eine bessere Durchsetzung des Unionsrechts durch die Definition gemeinsamer Mindeststandards. Diese sollen ein hohes Schutzniveau für Personen sicherstellen, die Verstöße gegen das Unionsrecht melden.
Außerdem waren die Mitgliedstaaten von da an dazu verpflichtet, die Richtlinie in Form von nationalen Gesetzen umzusetzen. Unternehmen mit über 50 Mitarbeitern, öffentliche Einrichtungen sowie Städte und Gemeinden ab einer Anzahl von 10.000 Einwohnern waren dazu verpflichtet, die Whistleblowing-Richtlinien samt einem Hinweisgebersystem einzuführen.
Interessanter Fakt: 2020 stieg die Zahl der gemeldeten Whistleblowing-Fälle laut der britischen Financial Conduct Authority um 61 % an.
Mit welchen Konsequenzen haben Whistleblower zu rechnen?
Die EU-Richtlinie soll zwar zum Schutz von Whistleblowern beitragen und erweckt womöglich auch den Eindruck, dass die Mittel seitens des Unternehmens gegen diese vorzugehen begrenzt seien. Die Praxis sieht allerdings etwas anders aus.
Neben vertraglichen Sanktionen, wie der Kündigung oder dem Schadensersatzverlangen, können Unternehmen in Deutschland zum Beispiel, durchaus einen Strafantrag bei der zuständigen Staatsanwaltschaft gegen den Whistleblower wegen des Verrats von Geschäfts- und Betriebsgeheimnissen gem. § 17 UWG stellen. Dem Whistleblower könnten dann eine Geldstrafe und schlimmstenfalls sogar eine Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren drohen.
Ein Whistleblower kann zudem auch auf Schadensersatz geklagt werden, wenn er mit böser Absicht oder wider besseren Wissens handelt. Der Unternehmer kann außerdem auch Ersatz für die, infolge der für ihn negativen Konsequenzen, entstandenen Umsatzeinbußen geltend machen.
Strafbar macht sich ein Whistleblower zudem auch, wenn er Geschäftsgeheimnisse unbefugt zu Zwecken des Wettbewerbs, aus Eigennutz oder mit Schädigungsabsicht weitergibt.
Bekanntes Zitat eines leidenschaftlichen Aufdeckers
„If wars can be started by lies, peace can be started by the truth.“ (Julian Assange, australischer investigativer Journalist, Politaktivist, ehemaliger Computerhacker, Programmierer und Gründer sowie Sprecher der Enthüllungsplattform WikiLeaks)